MAX PFNÜR

Wir Kinder Babylons

2015

Textprobe

„Wir Kinder Babylons“

WAS PASSIERT ...

Maya befindet sich auf der Flucht, wie eigentlich ein jeder in Babylon.
Ihr Leben wird einzig durch den nächsten Schritt, die nächste Entscheidung, die nächste Begegnung bestimmt. Es gibt keine Lebensplanung mehr, keinen Blick nach vorne und das Morgen liegt Tag für Tag im Ungewissen.
Andere Menschen und Menschengruppen meidend, hat Maya begonnen über ein altes Diktiergerät mit sich selbst zu kommunizieren.
Dabei nimmt sie sich als Gesprächspartnerin bereits im Morgen an, während sie als Gegenwart auf sich im Gestern zurückblickt und ihren Weg rekapituliert. In einem verfallenen Theater hat Maya Zuflucht gefunden und beschließt nicht mehr davonzulaufen. Sie ist müde und will endlich ihren Frieden, doch der Krieg sitzt ihr im Nacken. Denn ganz gleich ob von West nach Ost, oder von Ost nach West – Babylon ist ein Malstrom für Vertriebene und lässt eine friedliche Heimat nicht zu.

WAS STECKT DAHINTER ...

Dieses Monologstück für eine Frau entstand 2015 aus der Zusammenarbeit mit Schauspielerin Christine Winter, die verschiedene Texte von sich selbst in einem Stück zusammenführen wollte. Dabei handelte es sich um die Selbstreflexionen einer jungen westeuropäischen Frau. Der Gedanke, eben diese in einen Flüchtlingskontext zu setzen und damit uns Europäer selbst auf die Flucht zu schicken, entstand aus der akuten Flüchtlingsthematik in Salzburg und Pfnür beschrieb sich eine Welt, als überdimensionale Stadt mit dem Namen Babylon. Krieg und Vertreibung kreisen hier seit Menschengedenken und wer die Vertriebenen heute noch fürchtet, kann schon morgen selbst ein Vertriebener sein. Doch die Menschen scheinen nichts dazu zu lernen und so bleibt der Teufelskreis konstant.
Das Stück besteht aus zwei Akten, die jeweils einen Tag aus Mayas Leben beschreiben und mit ihrer letzten Aufnahme enden.