MAX PFNÜR

Amerika

2018

Textprobe

„AMERIKA“

nach Kafka

WAS PASSIERT...

Der 17jährige Karl Roßmann wurde von seinen Eltern verstoßen und nach Amerika geschickt, nachdem er versehentlich ein Dienstmädchen geschwängert hatte. In Amerika angekommen findet er Aufnahme bei seinem reichen Onkel, der Karl jedoch rasch fallen lässt, nachdem dieser unabsichtlich gegen des Onkels Regelwerk verstoßen hat. Karl landet auf der Straße und schließt sich dem dubiosen Duo Delamarche und Robinson an, die ihn allerdings nur nach Strich und Faden ausbeuten. Bei der Chefköchin eines großen Hotels scheint er endlich Gnade gefunden zu haben, doch der Oberportier hat Karl auf dem Kieker und sucht nur eine Gelegenheit ihn wieder aus dem Hoteldienst zu drängen, wo Karl mittlerweile als Liftboy arbeitet. Als der betrunkene Robinson im Hotel auftaucht kommt es zur Eskalation und Karl muss gegen seinen Willen mit Robinson fliehen. Delamarche hat derweilen an der Seite der massigen Operndiva Brunelda sein eigenes Lumpenkönigreich aufgebaut und möchte Karl nun zu seinem Sklaven machen. Dieser willigt ein – denn was hat er noch zu verlieren. Wie durch ein Wunder bietet sich ihm plötzlich die große Chance – der große Zirkus von Oklahoma sucht Leute und Karl findet endlich seinen Platz zwischen den Werbeengeln, die den größten Zirkus der Welt bewerben. Denn hier findet jeder seinen Platz – sogar ein Niemand wie Karl.

WAS STECKT DAHINTER...

Zugegeben, die Geschichte ist von Kafka und als solche auch bekannt.
Da es sich dabei allerdings um Fragmente handelt – also Texte die von Kafka erst einmal als Entwurf angelegt worden waren, von denen zu seinen Lebzeiten nur das erste Kapitel als Kurzgeschichte veröffentlicht wurde und der Rest erst postum seine Veröffentlichung fand – hat sich Pfnür in schriftstellerischem Größenwahn erlaubt, die für ihn fehlenden Handlungsstränge einfach aus eigener Feder zu ersetzen, Dialoge die bei Kafka nur anzitiert wurden vorsichtig in Dialogform zu bringen, oder eigene Dialoge und handlungsfördernde Texte einzupflegen.
Dabei schien es ihm auch wichtig einen Pendant-Charakter zu Karl einzuführen, der die Geschichte in Zwischenkapiteln immer wieder aus einer vom Roman unabhängigen Position aus beobachten konnte. So wurde Therese, die im Roman nur in zwei Kapiteln über das Hotel Okzidental erschien, zur zweiten Hauptfigur, die parallel zu Karl ihre Erfahrungen machte. Ist Karl oben, ist Therese ganz unten – wendet sich das Blatt für Therese zum positiven, stürzt Karl ab. Dabei laufen sie sich immer wieder über den Weg, um sich am Ende im größten Zirkus der Welt wiederzufinden. Durch diese und andere … nennen wir sie Verbesserungen ; ) erfährt Pfnürs Version von „Amerika“ ihr Alleinstellungsmerkmal, das sich im Vergleich von Roman und Dramatisierung deutlich zeigt.