MAX PFNÜR

Das Bildnis der Lili Elevenes

2019

 

Textprobe

„Das Bildnis der Lili Elvenes“

WAS PASSIERT...

Der dänische Maler Einar Wegener lebt mit seiner Frau Gerda in Paris.
Zwei Jahre vor Beginn des Ersten Weltkrieges hatten sie Kopenhagen verlassen, wo Einar unter den dortigen Landschaftsmalern berühmt geworden war.
Gerda war als Porträtmalerin weniger bekannt als berüchtigt. Ihre pikanten Aktbilder erregten ebenso Aufmerksamkeit wie ihre Skandale, denn Gerda war auch ihren weiblichen Modellen sexuell nicht abgeneigt.
Ihr plötzlicher Erfolg setzte ein, als sie eine Reihe von Porträts einer geheimnisvollen jungen Frau herausbrachte.
Bald rankten sich pikante Gerüchte um das unbekannte Model. Was war dran an dem Gerede, dass es Gerdas eigener Mann, Einer Wegener sei, der in den Kleidern der „Frau Lili“ steckte?
Jahre später kann Einar nun seine weibliche Seite im Schutz der Pariser Bohème ausleben und Gerda unterstützt ihn dabei. Doch Einar ist unglücklich. Immer stärker wird sein Wunsch in Lilis Person nicht nur als „maskierter Mann“ betrachtet zu werden. Er weiß – er ist Lili. Doch wie kann er das als Einar jemals wirklich sein? Bei mehreren Ärzten sucht er Rat, jedoch ergebnislos. Ein Pariser Radiologe setzt ihn infolgedessen einer gefährlichen Strahlenbehandlung aus und schürt Einars Selbstzweifel.
Als Dr. Warnekros in Einars Leben tritt ändert sich alles, denn der Chirurg aus Dresden stellt Einar eine operative Lösung seines Zwiespalts in Aussicht.
Er macht keinen Hehl daraus, dass vor Einar nun ein langer und gefährlicher Weg liege. Doch Einar ist bereit. In Berlin, an Professor Hirschfelds Sexualwissenschaftlicher Klinik lernt er Dorchen Richter kennen, die wie Einar als Mann geboren nun nach ihrer geschlechtlichen Angleichung strebt.
Lili, das Dänische Mädche, scheint endlich eine Zukunft zu haben.
Doch die Risiken sind enorm – die operativen Möglichkeiten befinden sich eben erst im experimentellen Stadium und die politische Lage Europas verschärft sich zusehends. Knapp überlebt Lilli die ersten Operationen, doch es ist geschafft – Lili ist nun eine Frau. Wenn gleich keine gewöhnliche.
Dieses Ungewöhnliche verfolgt Lili allerdings. Ihre Beziehung mit Gerda wird auf eine harte Probe gestellt und zerbricht unter den kritischen Augen der Gesellschaft. Trotzdem halten sie zusammen. Erst als Gerda wieder heiratet, beschließt auch Lili gegen ihre Zerrissenheit vorzugehen und unterwirft sich einer weiteren Operation in der Hoffnung endlich „vollkommen“ zu werden. Diese letzte Operation überlebt Lili nicht.
Was bleibt ist ihr Mut und der Beweis, dass die geschlechtsangleichenden Operationen grundsätzlich möglich sind. Tausenden Menschen war Lili Ilse Elvenes Pionierin und mutiges Vorbild.

WAS STECKT DAHINTER...

Die Geschichte von Lili Elbe begegnete Pfnür zufällig und die Tatsache, dass bereits in den späten 20er Jahren ein solcher Fortschritt im Bereich der Sexualwissenschaft und Medizin gepflegt worden war faszinierte ihn.
Lilis Geschichte bot Potential für einen spannenden Theaterabend, mit einer durchaus aktuellen Botschaft. So sehr sich konservative Strömungen auch dagegen stellen mochten und faschistische Systeme es auszurotten versuchten – das menschliche Wesen ist ein buntes, vielfältiges und es findet immer seinen Weg. Keine Modeerscheinungen, keine Launen der Natur – nichts ist natürlicher als die Vielfalt des Lebens. Noch heute gibt es genug Menschen, die sich gegen diese Erkenntnis stellen, oder selbst daran verzweifeln in ihrer Angst nicht dazu zu gehören. Diversität war Pfnürs leitendes Motiv im Laufe der Arbeit an diesem Stück.
Er arbeitete mit wissenschaftlichen Artikeln und Schriften zum Thema und las sich in die Zeit und ihre Begebenheiten ein.
Dabei spielte er mit nachgewiesenen historischen Ereignisse, die er mit fiktionalen Vorgängen verquickte.
Das Ergebnis war ein spannender und viel gelobter Theaterabend, der im Frühjahr 2019 seine Uraufführung am OFF Theater Salzburg feierte.